Mit spitzer Feder …
Das Bundesgericht hat der Ehe als Lebensversicherung für die Frau ein Ende gesetzt. Bravo – das war überfällig! Denn ein Fünftel aller Frauen bis 64 Jahre verfügen gemäss Bundesamt für Statistik über kein eigenes Einkommen, nach den Pensionierten machen die Frauen, die zweitgrösste Gruppe der Nichterwerbstätigen aus. Und gerade mal sieben Prozent der Paare teilen sich die finanzielle Verantwortung für die Familie, bei allen anderen ist der Mann nach wie vor mehr oder weniger alleine dafür zuständig. Die Frauen sind zwar häufig, aber eben nur in kleinen Pensen erwerbstätig. Nun, da muss ich zweimal leer schlucken. Aber es kommt noch schlimmer: Die Schweizerinnen bilden dabei das Schlusslicht bei den EU- und EFTA-Staaten. Tja, dass sich das Ernährer-Modell in der Schweiz so lange halten konnte, kommt nicht von ungefähr: Der Reichtum der Schweiz macht Frauen nicht frei, sondern abhängig und träge. Doch das Bundesgericht sorgt nun dafür, dass die Gleichberechtigung in der Schweiz wieder neuen Schwung erhält. Zwei Urteile anfangs Jahr beenden die Schieflage zwischen den Geschlechtern nach einer Scheidung und sorgen für jene Gleichstellung, zu der sich Staat und Politik gerne bekennen: Nach Auflösung einer Ehe sind fortan beide Parteien wieder wirtschaftlich selbstständig. Es gibt kein Anrecht mehr darauf, bis zum Pensionsalter «den bisherigen Lebensstandard» vom Ex-Partner finanziert zu bekommen. Kurz und bündig: Die Ehe als Lebensversicherung für Frauen hat ausgedient.
In der Schweiz gingen natürlich nach Bekanntwerden der neuen Rechtsprechung die Wogen hoch – in den Kommentarspalten und Leserbriefen-Foren war die Erregung gross. Denn die Hausfrau ist hierzulande immer noch ein weitherum akzeptierter weiblicher Lebensplan. Wie ich immer wieder feststelle, hat es vermehrt junge Frauen, die sich gerne und freiwillig vollumfänglich ihrem Nachwuchs widmen. Ok, jedem das Seine, ich will jetzt nicht die Lebensentwürfe meiner Mitmenschen kritisieren. Und Mutter zu sein, ist eine grosse Herausforderung und Aufgabe. Als Nichtmutter, aber engagierte Tante, ziehe ich vor allen Müttern den Hut. Ebenso finde ich es wichtig, die Verantwortung als Mutter voll und ganz wahrzunehmen und persönlich den eigenen Kindern die Chance zu geben, autonom zu werden. Aber sich bewusst voll in die Abhängigkeit eines Mannes zu begeben, das kann ich nicht begrüssen. Bereits schon sehr jung hat mich meine Mutter darauf sensibilisiert, mich selbst wirtschaftlich abzusichern.
In meinem Leben habe ich schon Frauen in den unterschiedlichsten Situationen angetroffen. Da gibt es Frauen, die haben sich einen gewissen Status erheiratet und müssen aber bei ihrem Angetrauten um die Erlaubnis zum Kauf eines jeden Blumentopfes fragen. Und dann gibt es welche, die skrupellos mit dem Masterkärtchen ihres Mannes sich ein Luxusleben leisten! Ich finde beides würdelos. Nie käme mir in den Sinn, mich von einem Mann finanzieren zu lassen! Und noch weniger, ihn nach einer Trennung abzuzocken! Frau kann heute doch nicht ernsthaft das Bild von der Prinzessin malen, die vom schönen Prinzen auf sein Schloss geführt wird! Es gibt hinreichend Statistiken, die aufzeigen, was die zentralen Risiken sind für Lohnungleichheit und Altersarmut. Daraus muss man Schlüsse ziehen. Blind zu vertrauen, aus Bequemlichkeit oder Verliebtheit und sich finanziell auf den Partner zu verlassen, ist ein grober Fehler, der heute nicht (mehr) passieren dürfte. Beziehungen und Ehen können scheitern, immer – gerade, wenn frau es nicht erwartet. Dafür muss frau doch gewappnet sein, alles andere ist blauäugig. Aber eben: Viele Frauen vertrauen noch immer zu sehr auf die Erwerbsgemeinschaft. Frauen denken nach wie vor weniger wirtschaftlich unabhängig. Und Frauen neigen aber auch dazu, bestimmte Tätigkeiten zu monopolisieren, weil sie meinen, sie könnten es ohnehin besser oder schneller als der Mann. Damit leben die Männer in der Regel auch ganz gut. Aus der Falle müssen die Frauen aber raus. Denn wenn man permanent den Müll rausträgt und mit den Kindern spielt, könnte es durchaus sein, dass man verpasst, darüber nachzudenken, was man sonst noch tun könnte.
Es gibt aber auch viele clevere, wundervolle Frauen, die es anders machen und auf wundersame Weise Job, Kind, Mann und Hund unter einen Hut bringen. Diesen möchte ich hier ein ganz grosses Kränzchen winden, das ist eine enorme Leistung und grosse Herausforderung! Hoffen wir, dass die neue Rechtsprechung nicht für zu viele zum «tiefen Fall» wird, sondern zu einer grossartigen Chance – denn es geht immer ohne Mann, ich rede da aus langjähriger Erfahrung!
Herzlichst, Ihre Corinne Remund
Verlagsredaktorin