Dry January – ein Booster für Körper und Geist

    Der Versuch, alkoholfrei zu werden, kann für jeden in jeder Lebensphase eine echte Veränderung bedeuten – egal, ob mitten im Studium, im Berufsleben, oder im wohl verdienten Rentenalter. Es gibt viele Gründe, warum so viele von uns diese Herausforderung annehmen, und jeder wird seine eigene Geschichte haben. Anne Graber, Kampagnenleiterin Dry January beim Blauen Kreuz Schweiz erläutert, wieso es sich lohnt, beim «Dry January» mitzumachen und so dem Trend zum «gesunden Hedonismus» zu folgen.

    (Bild: zVg) Anne Graber, Kampagnenleiterin Dry January beim Blauen Kreuz: «Eine Alkoholpause bietet die Chance, seine eigene Beziehung zum Alkohol zu überdenken und zu ändern.»

    Die Dry-January-Bewegung stammt ursprünglich aus England. Wie ist sie in die Schweiz gelangt?
    Anne Graber: Wir hatten früher bereits ein Programm für einen alkoholfreien Januar, das «time:out new year» hiess. Als wir vom Dry January erfuhren, sagten wir uns, dass wir unser Angebot in Zukunft unter diesem Namen führen wollten, einfach, weil er bekannter ist. Wir nahmen mit dem britischen Markeninhaber (Alcohol Change UK) Kontakt auf und beschafften die Erlaubnis, unter dem bekannten Namen einen Dry January in der Schweiz durchzuführen. Das gab unserer Kampagne sofort mehr Bekanntheit und Schwung. Die Marke wirkt frech und fröhlich und passt genau in die gewünschte Zielgruppe.

    Der Dry January wurde letztes Jahr zum ersten Mal in der Schweiz durchgeführt. Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?
    Das Interesse, die Lust und die Bereitschaft, das neue Jahr gesund zu starten, ist in der Schweiz sehr gross. Wir waren überrascht und erfreut, wie viele Teilnehmende wir in kurzer Zeit für die Kampagne gewinnen konnten und wie beliebt ein alkoholfreier Januar bei den Leuten ist. Aus Kampagnensicht lernten wir mehr über unsere Zielgruppen und wie wir die Kampagne-Reichweite erhöhen können.

    Was steckt hinter der Dry-January-Kampagne?
    Der «Dry January CH» ist ein Angebot des Blauen Kreuzes Schweiz in enger Partnerschaft mit den Organisationen Sucht Schweiz, Fachverband Sucht und GREA. Das Bundesamt für Gesundheit unterstützt die Kampagne. Wir möchten mit positiven Botschaften möglichst viele Menschen in der Schweiz gewinnen und zum Mitmachen animieren. Der Dry January ist sozusagen ein Booster für Körper und Geist. Durch ihren vierwöchigen Verzicht werden sich die Teilnehmenden bewusst, was Alkohol für sie bedeutet und wie sie damit in ihrem Leben umgehen. Das Blaue Kreuz ist nicht gegen Alkohol, sondern gegen die Auswüchse damit und gegen das Leid, das er bringen kann, wenn man den Konsum nicht im Griff hat. Auch möchten wir erreichen, dass er normal wird, in einer gemütlichen Runde oder an einer Feier einfach keinen Alkohol zu trinken, und dass man sich dafür nicht zu rechtfertigen braucht.

    An wen richtet sich der Dry January?
    Vom Gelegenheitstrinker bis zum regelmässigen Alkoholkonsumenten sprechen wir alle Menschen an. Nicht geeignet ist der abrupte Alkoholverzicht für abhängige Menschen, die allenfalls Entzugserscheinungen erleiden können.

    (Bild: pixabay) Mitmachen: 31 Tage ohne Alkohol im Januar ist erst der Anfang. Mit viel Energie, Schwung und einer neuen Perspektive geht es danach an die Planung des restlichen Jahres.

    Welche Auswirkungen haben einen Monat Verzicht auf Alkohol auf den Körper?
    Man fühlt sich besser und spart sogar Geld. Gemäss einer Umfrage fühlten sich sieben von zehn Personen nach dem letzten Dry January gesünder und fitter als vorher. Mehr als die Hälfte verloren Gewicht oder bekamen eine feinere Haut. Der Verzicht zahlt sich auch langfristig aus: 72 Prozent der Teilnehmenden konsumierten sechs Monate später weniger Alkohol.

    Wie funktioniert der Dry January?
    Wer mitmachen möchte, schreibt sich auf www.dryjanuary.ch oder lädt die App «Try Dry» herunter und trinkt dann den Januar lang keinen Alkohol. So einfach ist das! (lacht) Wer trotz des guten Vorsatzes doch einmal Alkohol trinkt, darf natürlich weiter mitmachen – am meisten profitiert man aber, wenn man vier Wochen lang ganz verzichtet. Wer sich einschreibt, erhält gelegentlich News mit spannenden Infos zum Thema Wohlbefinden, Ernährung und Gesundheit und kann an tollen Gewinnspielen teilnehmen. Es winken Preise von einer Vielzahl neuer alkoholfreier Getränke, Fachbücher bis bspw. Tageskarten für Skigebiete.

    Welchen Stellenwert hat Alkohol bei uns in der Schweiz?
    Alkohol ist ein verbreitetes und gesellschaftlich anerkanntes Genussmittel, das zu einem Suchtmittel werden kann. Das Blaue Kreuz hilft Alkoholabhängigen mit Beratung und Gesprächsgruppen und bietet verschiedene Präventionsangebote, zu denen auch der Dry January zählt. Jede fünfte Person in der Schweiz hat einen ungesunden Alkoholkonsum, rund 250’000 Personen sind vom Alkohol abhängig. Da von einer Abhängigkeit das ganze Umfeld betroffen ist, bieten wir Hilfe auch für Angehörige an.

    Gehen die diversen Generationen unterschiedlich mit Alkohol um?
    Jugendliche probieren noch vieles aus, bei Erwachsenen schleifen sich Gewohnheiten ein, gesunde und ungesunde. Für viele Jugendliche gehört der Alkohol nicht mehr selbstverständlich dazu, bei der Generation Z ist der Konsum rückläufig. Allgemein hat das Gesundheitsbewusstsein bei jüngeren Generationen zugenommen; es ist «in», gesund zu leben und mehr Energie zu haben. Mit der Pandemie ist Alkoholkonsum wegen fehlender Gelegenheiten teilweise zurückgegangen, bei Menschen mit einem Alkoholproblem hat er aber teilweise auch zugenommen. Soziale Distanz und Einsamkeit führen zu einer Zunahme der psychischen Belastung. Dann wird Alkohol zur Versuchung.

    Wird der bewusste Alkoholverzicht wie das vegetarische oder vegane Essen zu einem Trend?
    Wir hätten jedenfalls nichts dagegen … (lacht) Eine Alkoholpause bietet die Chance, seine eigene Beziehung zum Alkohol zu überdenken und zu ändern. Wir beobachten zurzeit einen interessanten Trend zum «gesunden Hedonismus».

    Der Startschuss ist bereits im Vorfeld mit einer Themenwoche zum Dry January gefallen. Was muss man sich darunter vorstellen?
    Wir leiten den Dry January mit Themenwochen über Wohlbefinden, Ernährung, Genuss, Sport und mehr ein. Dazu haben wir amüsante Cartoons und Kurzfilme angefertigt, die man sich auf unseren Social Media-Kanälen (Instagram, Facebook, Twitter und Youtube) ansehen kann. Ausserdem gibt es humorvolle Postkarten, Sticker, Baumwolltaschen, Plakate und Mitmach-Bänder, die wir und unsere Partner verbreiten. Im Januar verlosen wir über unsere Kanäle tolle Preise, darunter auch unser Rezeptbuch für alkoholfreie Drinks, das kürzlich im Blaukreuz-Verlag erschienen ist.

    Drei Vorstösse im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch beschäftigen zurzeit das eidgenössische Parlament. Denken Sie, es ändert sich in absehbarer Zeit etwas bezüglich dieser Droge Nr. 1 in der Schweiz?
    Kürzlich hat das Blaue Kreuz Schweiz die Mitglieder des Nationalrats in einem Schreiben aufgefordert, ein Postulat zum Schutz der Jugend vor aggressiver Alkoholwerbung anzunehmen. Die Migros hat darüber abgestimmt, dass man in ihren Läden neu Alkohol kaufen kann. Wir finden das traurig und einen Fehler. Sie nimmt damit Alkoholabhängigen den einzigen risikofreien Ort zum Einkaufen weg und kippt den weitsichtigen Entscheid des Migros-Gründers Gottlieb Duttweiler.

    Was wünschen Sie sich für den Dry January 2022?
    Dass viele Menschen sich für einen vorübergehenden Alkoholverzicht im Januar entscheiden und diesen durchziehen. Ich selbst habe mich mit einem «Sober October» eingestimmt und merkte nach 6 Wochen, dass mein eigentliches Monats-Vorhaben schon längst erfüllt war. Plötzlich hatte ich nicht das Gefühl, dass mir etwas fehlte. Den Teilnehmenden im Januar wünsche ich die gleiche Erfahrung, dass sie im Kreis ihrer Freunde und Bekannten darüber reden und sich selbst allgemein gesünder und fitter fühlen.

    www.dryjanuary.ch

    Interview: Corinne Remund

    Vorheriger ArtikelStellungnahme von ALETHEIA zur Zulassung der «COVID-Impfstoffe» bei Kindern
    Nächster Artikel«Heute ist Tierschutz nötiger denn je!»